Jeden Sonntag - ein neues Gedicht
Zitat:
"Eine davon, die das Haar ließ
treiben in wehenden Lüften,
rief: "Seht, sehet ihn dort,
den Verächter der Fraun!" und der Thyrsos
flog nach dem tönenenden Mund
des Apoll entsprossenen Sängers."
...
"e quibus una leves iactato crine per
auras, 'en,' ait 'en, hic est nostri
contemptor!' et hastam
vatis Apollinei vocalia misit in ora,"
Aus den Metamorphosen des Ovid
(Tod des Orpheus - 11,6-9)
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Evoé!
Was soll dieses Lautgebilde,
das geformt ist in das Wort?
Was trägt es auf seinem Schilde,
was schreibt es in einem fort?
Evoé tönt’s auf den Fluren,
Evoé singt laut der Chor,
und es hallt aus den Naturen
und es jubelt hell empor.
Evoé betäubt die Sinne
und verzaubert sie – welch Wahn!
Nach dem Kulttanz am Beginne
kündigt Raserei sich an.
Urwüchsig rankt Evoé
windend sich am Thyrsos-Stab,
seufzt ekstatisch: ‚Ach vergeh‘,
streife deine Seele ab!‘
Bacchantische Feste
O Dionys! Im Rausch der Sinne schwärmen
um dich herum die liebestrunk’nen Weiber,
die unbekleidet tanzen, ihre heißen Leiber
begierig mischen, ohne sich zu härmen,
und Du, halb Gott mit weibischem Gemüte
lässt wie ein Satyr schamlos sie erschauern,
die sich in Raserei versetzt belauern,
vergessend sich im tierischen Geblüte,
die singend und ausschweifend dich verehren
mit bloßen Brüsten und gelösten Haaren,
mit Mündern rot, die rohes Fleisch verzehren,
barbarisch ist dein Fest ein arges Treiben,
wo aus der Ordnung treten wilde Scharen
und Urgewalten ungestaltet bleiben.
Hans Chisenus
2003 (Antike-Lieder) – erstveröffentlicht.
403. Wochenendgedicht, eingestellt am 17. Februar 2019
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